Sören Link ist ein sehr gefragter Mann. Als Oberbürgermeister der Stadt Duisburg ist er verantwortlich für die Geschehnisse in einer Stadt, die neben dem allgegenwärtigen Strukturwandel jetzt auch mit der Corona-Krise umgehen muss. Wir konnten den 43-Jährigen für einen kleinen Plausch gewinnen über den Ausbruch der Pandemie, Vor- und Nachteile beim Arbeiten im Homeoffice – und die Frage klären, ob er in Jogginghose oder Anzug seinen Arbeitsalltag meistert.
GENERATION Homeoffice: In diesen Zeiten muss man ein Gespräch ja zwangsweise mit der wichtigen Frage beginnen: Wie geht es Ihnen?
Sören Link: Gut, denn ich bin gesund. Und zum Glück gilt das auch für meine Lebensgefährtin, für meine Freunde und meine Familie. Das ist ja nicht nur aktuell das Allerwichtigste.
Wieviel Schlaf bekommen Sie zur Zeit?
Natürlich sind die Tage lang. Und selbstverständlich bin ich auch zu den Zeiten, die man früher Feierabend nannte, für meine engsten Mitarbeiter erreichbar und halte mich über andere Kanäle stets auf dem Laufenden. Aber wir in Duisburg sind längst sehr gut aufgestellt – und solch dramatische Entwicklungen oder Nachrichten, die mich mitten in der Nacht erreichen müssten und sofortige Entscheidungen erfordern, sind inzwischen selten geworden.
Wie haben Sie den Beginn der "Corona-Krise" erlebt?
Duisburg pflegt seit 1982 die erste deutsch-chinesische Städtepartnerschaft – und zwar mit Wuhan. Wir haben die Nachrichten über die dortigen Entwicklungen deshalb wahrscheinlich deutlich früher und intensiver verfolgt als andere. Aber dass die Auswirkungen auch Deutschland mit solcher Wucht treffen würden, konnten wir nicht vorhersehen. Als dann Ende Februar die ersten Verdachtsfälle in Duisburg bekannt wurden, war klar, dass wir es mit einer ernsten Bedrohung und schwierigen Lage zu tun haben und dementsprechend schnell handeln müssen.
Welche Maßnahmen wurden sofort ergriffen?
Zuallererst haben wir uns entschieden, die Duisburgerinnen und Duisburger stets schnell und aktuell über die Geschehnisse in ihrer Stadt zu informieren. Wir gaben erste Zahlen bekannt, benannten städtische Ansprechpartner und gaben Handlungsempfehlungen. Die zunächst besonders involvierten städtischen Ämter wie Feuerwehr und Gesundheitsamt bereiteten sich intensiv auf die zukünftigen Entwicklungen vor, wenige Tage später wurde der Krisenstab eingerichtet. Und dann folgten erste Allgemeinverfügungen zu Kontaktbeschränkungen, Veranstaltungsabsagen oder Betriebsschließungen.
Wie hat sich der Arbeitsalltag verändert, für Sie persönlich, für die Mitarbeiter im Rathaus, in der Stadt? Sind viele Ihrer Mitarbeiter im Homeoffice?
Die Veränderungen sind allumfassend. Städtische Dienststellen sind für den Publikumsverkehr geschlossen, für alle Bereiche gilt die grundsätzliche Empfehlung, soweit wie möglich mobil bzw. von zuhause aus zu arbeiten. Das Allermeiste wird inzwischen auf dem Postweg, telefonisch, über Videokonferenzen oder per E-Mail geregelt. Für trotzdem notwendige persönliche Vorsprachen der Bürger in den Dienstgebäuden werden Termine vergeben und diese dann unter Einhaltung aller Hygienevorgaben abgewickelt. Die Zahl der städtischen Mitarbeiter, die im Homeoffice arbeiten, variiert.
Arbeiten Sie selbst auch aus dem Homeoffice?
Ja, nicht ständig, aber so oft es geht. Auch meine Konferenzen und Besprechungen werden telefonisch oder per Videoschaltung abgehalten, dazu muss ich zum Beispiel nicht im Rathaus sein.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Vorteile bzw. Nachteile beim Arbeiten im Homeoffice?
Für mich überwiegen die Vorteile. Fehlende Fahrtwege, steigende Attraktivität als Arbeitgeber oder langfristig weniger vorzuhaltende Büroflächen mögen hier als Beispiele sowohl aus Sicht des Arbeitgebers, als auch der Beschäftigten gelten.
Die Stadt Duisburg hat deshalb bereits Anfang 2019 eine neue Dienstvereinbarung zum Thema „Mobile Arbeit“ geschlossen, um die voranschreitende Digitalisierung als Chance zu nutzen. Der Fokus liegt in Duisburg damit nicht mehr auf reinen Präsenzzeiten der Beschäftigten in den Dienststellen, sondern auf der effizienten Erledigung der Aufgaben mit den gewünschten sowie erwarteten Ergebnissen. Jedenfalls in den Verwaltungsbereichen, in denen sich das anbietet und persönliche Vorsprachen der Bürgerinnen und Bürger in Diensträumen nicht erforderlich sind.
Natürlich müssen Nachteile wie fehlende soziale Kontakte, überzogene Erwartungshaltung einer ständigen Erreichbarkeit der Beschäftigten oder drohende Ablenkung im Homeoffice im Auge behalten werden. Aber grundsätzlich gilt, dass wir in Duisburg in diesem Zuge eine Führungs- und Arbeitskultur entwickeln wollen, die auf Freiwilligkeit und Vertrauen basiert.
Welche Sachen machen Sie im Homeoffice, die Sie im Büro nicht machen würden?
Da gibt es keinen grundsätzlichen Unterschied. Aber ich kann zuhause natürlich dem Paketboten die Türe öffnen, wenn ich nicht gerade konferiere.
Jogginghose oder Anzug? Kleiden Sie sich im Homeoffice anders, als im Büro?
Nein, ich halte das jetzt genauso wie immer, ein gepflegtes Äußeres und angemessene Kleidung sind mir wichtig. Aber es gab und gibt natürlich auch jetzt Anlässe, in denen ein Poloshirt und sportliches Sakko ausreichend und absolut in Ordnung sind.
Gibt es irgendetwas, das Sie den Menschen da draußen mit auf den Weg geben möchten?
Die Einschränkungen der persönlichen Freiheit oder die gravierenden Maßnahmen, um Kontakte so weit wie möglich zu vermeiden, treffen die Menschen natürlich außerordentlich hart. Und allen, die in dieser Krise in ihren Bereichen besonders engagiert daran arbeiten, Leben und Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu schützen, sowie allen, die für diejenigen da sind, die Hilfe benötigen, bin ich sehr dankbar.
Inzwischen wurden einige Lockerungen möglich, die wir uns in den letzten Wochen hart und diszipliniert erarbeitet haben. Viele von uns haben Verzicht geübt, auf Familienbesuche verzichtet, Abstand gehalten. Aber es gilt, weiterhin diszipliniert zu bleiben, damit es nicht zu einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen kommt. Wir sind noch nicht am Ziel.
Und natürlich: Bleiben Sie gesund!