"Manche sitzen angetrunken in Videokonferenzen - riecht ja keiner" erklärt der Suchtberater Bernd Thränhardt in einem Interview für den „Spiegel“. Da stellt sich natürlich die Frage, ob sich durch die Corona-Krise und die immer wieder bemängelte Isolation durch die Arbeit im Homeoffice der Umgang mit Alkohol verändert hat.
Die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Nürnberg und die Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim führen deshalb seit dem 8. April 2020 eine anonyme Online-Befragung zur Veränderung der Alkoholkonsumgewohnheiten in der Bevölkerung während des Lockdowns durch.
Warnung vor zuviel Alkohol
Bereits zu Beginn des fast weltweiten Lockdowns warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor einem erhöhten Alkoholkonsum, der in der sozialen Isolation enden könnte. Der Konsum von Alkohol ist in Zeiten persönlicher, aber auch gesellschaftlicher Krisen ein bei vielen Menschen gelernter Bewältigungsmechanismus. Er soll dabei Ängste und Sorgen abmildern, entspannen und beruhigen.
Gleichzeitig entfallen durch fehlende soziale Aufgaben und Kontrollen etwa am Arbeitsplatz im Homeoffice oder bei persönlichen Kontakten im privaten Umfeld während des Lockdowns Gründe nicht zu trinken.
Starker Anstieg
Dem aktuellen Consumer Panel der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zufolge sind die Umsätze aus Alkoholverkäufen an Privatpersonen am Beginn der Pandemie (9.–11. Kalenderwoche 2020) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,1 % gestiegen.
Die Ergebnisse dieser ersten Befragung in Deutschland zeigen, dass seit Beginn der Ausgangseinschränkungen 37,4 % der Teilnehmer mehr Alkohol trinken als zuvor. Von 1 929 befragten Personen bestätigten 722 Personen einen erhöhten Alkoholkonsum seit Beginn der Ausgangseinschränkungen: 561 Personen gaben einen etwas höheren und 161 Personen einen viel höheren Alkoholkonsum an.
Damit deuten diese Beobachtungen darauf hin, dass die Befürchtung hinsichtlich des Risikos einer Alkoholkonsumsteigerung in der Bevölkerung, wie sie die WHO aufzeigt, zumindest für Deutschland nicht unbegründet ist.
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