"Es ist ein Spagat"

Herausforderung Homeoffice und Kinderbetreuung

Welche Probleme haben Eltern im Homeoffice mit gleichzeitiger Kindererziehung? Wir sprachen mit Christine Huinink von der Outlaw Kinder- und Jugendhilfe.

Christine Huinink von der Outlaw Kinder- und Jugendhilfe

GENERATION Homeoffice: Viele Arbeitnehmer finden die Arbeit im Homeoffice super. Doch wie ist die Situation bei Eltern mit Kindern?

Christine Huinink: Absolut herausfordernd! Es ist ein Spagat, beidem gerecht zu werden und man stößt tatsächlich an Grenzen. Ich merke das mit meinen beiden Kita-Kindern: Es läuft nicht nach Plan – irgendwas kommt immer dazwischen. Richtig kompliziert wird es, wenn ein Elternteil im Büro und das andere mit den Kindern zu Hause arbeitet – dann können sich Eltern nicht nach festgelegten Zeiten abwechseln. Natürlich bietet Homeoffice auch die größtmögliche Flexibilität, den Anspruch an die eigene Arbeit zu erfüllen. Allerdings ist das zu fast jeder Tageszeit möglich und es entsteht – auch für die Kinder – das Gefühl, dass den ganzen Tag gearbeitet wird.

Wo sehen Sie die größten Probleme für die Kinder in der Corona-Zeit?

Bezogen auf das Thema Homeoffice verschwimmen auch für Kinder mit zu Hause arbeitenden Eltern die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem: Klare Abgrenzungen fehlen, wenn zwischen Mahlzeiten und Spielangeboten schnell Mails oder Meetings erledigt werden. Dazu kommt die psychische Belastung, denn auch Kinder machen sich Gedanken, wer oder was dieses Corona ist. Und es fehlten die Sozialkontakte in den Kitas, Spielplätze waren geschlossen und Oma und Opa durften auch nicht besucht werden. Das belastet Kinder.

Es scheint so, als ob der Frau bei der Doppelbelastung Job und Kinderbetreuung oft die Unterstützung vom Partner fehlt. Erkennen Sie dieses Problem auch?

Ich denke, viele Familien haben versucht, die Belastungen so gut es geht aufzuteilen. Aber egal, wie modern wir alle versuchen unseren Familienalltag zu strukturieren, es sind doch häufig die Frauen, die in Teilzeit arbeiten. Entsprechend haben vor allem die Mütter viel abgefangen. Männer sind häufig Vollzeit beschäftigt und daher unter Druck, das Familieneinkommen zu sichern. So haben sich oft schnell die alten Rollen eingestellt – aber eben, weil es eine große Herausforderung für alle ist. Ich bin sehr froh, meine Arbeitszeiten flexibel gestalten zu können und manchmal braucht es eben kreative Lösungen, um alles unter einen Hut zu bekommen.

Gibt es Ihrer Meinung nach mehr Fälle von häuslicher Gewalt?

Wir können das anhand der Rückmeldungen aus unseren Kitas in Berlin nicht bestätigen – das ist natürlich ein subjektiver Eindruck. Wir haben eher positives Feedback für unsere Angebote und das Kontakthalten der Erzieher*innen und Kita-Sozialarbeiter*innen bekommen. Dank des regelmäßigen Austauschs und Elternbriefen konnten die Pädagog*innen gut einschätzen, wo sie einmal mehr nachfragen oder die Kolleg*innen des Bereichs Kita-Sozialarbeit einbeziehen mussten. Als dann die Notbetreuung in Berlin erweitert wurde, konnten wir gezielt diesen Familien Plätze anbieten und bei der Antragsstellung unterstützen.

Was können Sie als Kinder- und Jugendhilfe leisten?

Ganz wichtig ist, den Kontakt zu den Familien nicht zu verlieren und niedrigschwellige Angebote zu machen, um in Verbindung zu bleiben. Dafür sind neue und vor allem digitale Formate nötig, denn die Pandemie ist ja noch nicht vorbei. Elterngespräche via Videotelefonie oder Apps zur Entwicklungsdokumentation, wie unsere SpielBO-App, die wir gerade in den Berliner Kitas testen, helfen uns dabei, gut im Austausch zu bleiben. Die digitale Weiterentwicklung ist deshalb auch für Outlaw als Jugendhilfeträger so wichtig und wir haben bereits während der akuten Pandemie- Zeit viele Programme ausprobiert, die wir nun auch für unsere Kommunikation nutzen können.

 

Über Christine Huinink: Seit 1. Juli 2020 ist Christine Huinink die Regionale Geschäftsführerin der Outlaw Kinder- und Jugendhilfe in Berlin.

Über Outlaw: Seit über 30 Jahren setzt sich Outlaw für Kinder, Jugendliche und Familien ein! Die Mitarbeiter*innen der gemeinnützigen Outlaw Kinder- und Jugendhilfe GmbH machen nicht nur „irgendwas mit Menschen“, sondern sind für sie da und mischen sich ein, damit diese ihren eigenen Weg finden und auch gehen dürfen. Über 1.800 Mitarbeiter*innen arbeiten bundesweit in kleinen regionalen Teams.

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