Exklusiv-Interview

Mit "Arbeitgebermarke" in die Zukunft

Lockdown, Behörden im Wandel und Digitalisierung: GENERATION Homeoffice sprach mit dem Bürgermeister von Elmshorn, Volker Hatje.

Interview mit dem Bürgermeister von Elmshorn

Seit dem 1. Januar 2014 ist Volker Hatje (parteilos) Elmshorns Bürgermeister. Hatje, Jahrgang 1961, ist vierfacher Familienvater. Als Bürgermeister leitet er die Verwaltung der Stadt nach den Zielen und Grundsätzen des Stadtverordneten-Kollegiums; er ist die oberste Dienstbehörde, Dienstvorgesetzter sowie die gesetzliche Vertretung der Stadt Elmshorn. Hatje stellte sich den Fragen von GENERATION Homeoffice zu den Themen Lockdown, Homeoffice und Digitalisierung.

GENERATION Homeoffice: Moin Herr Hatje, wie haben Sie denn persönlich den Beginn der Corona-Krise erlebt?

Volker Hatje: Das war nicht so einfach. All die Werte, die man vorher so hochgehalten hat, waren auf einmal nicht mehr soviel wert. Man musste sich komplett umstellen, das war für mich eine völlig neue Erfahrung. Meine Frau und ich haben Glück, dass wir beide Jobs haben, die nicht betroffen waren.

Wie schnell wurde dann bei den Mitarbeitern im Rathaus reagiert? Ab ins Homeoffice, hat das funktioniert?

Wir mussten ganz schnell eine Lösung finden. Am Montag, den 16. März, habe ich alle Führungskräfte im Kollegiumssaal um 9:00 Uhr versammelt und den Lockdown des Rathauses verkündet. Letztlich ohne einen konkreten Plan zu haben. Ab Mittag sollten die Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt werden. Aus der Situation heraus haben wir innerhalb von drei Tagen 170 Homeoffice-Arbeitsplätze eingerichtet. Was vorher aus datenschutzrechtlichen Dingen mit VPN-Tunnel und all diesen Dingen immer recht schwierig war, auf einmal ging ganz vieles. Wir haben uns schon über viele Dinge hinweggesetzt, wir mussten aber hier die Verwaltung in wenigen Stunden komplett aufteilen.

Was waren die größten Probleme?

Eigentlich ging alles ziemlich reibungslos. Unsere IT hatte glücklicherweise eine Vorbereitung, eine App, die man sich privat runterladen konnte und damit bekam man einen Zugang auf den eigenen Rechner. Es gab keinen Zugang zu den Daten, sondern sie konnten das Bild ihres Rechners sehen und damit die Arbeit steuern. Die Kollegen mit einem leistungsfähigen Internetanschluss und einem guten technischen Equipment waren da natürlich deutlich im Vorteil. Die Teams haben sich ganz schnell zusammengesetzt und haben sich eigenständig überlegt, wie machen wir das?

Wie war das Feedback der Mitarbeiter?

Eigentlich sehr positiv. Eine Veränderung im Denken kam dann durch die Durchführung der Arbeit im Homeoffice. Ganz deutliche Erkenntnis im Nachgang war, dass die Führungskräfte, die dem Thema „mobiles Arbeiten“ kritisch gegenüberstanden, oft ihre Meinung geändert haben, weil viele ihrer Mitarbeiter gerne im Homeoffice arbeiten wollten. Es gab auch nicht mehr die Frage, ob es geht, sondern nur noch, wie kann es funktionieren. Es gab ganz wenige Bereiche wo es wirklich schwierig war. Wir haben jetzt viele Kollegen, die die Möglichkeit von „mobiler Arbeit“ wirklich nutzen. Diese Flexibilität ist absolut eingetreten.

Hat die Krise die Probleme der öffentlichen Verwaltung in Bezug auf das Thema „Digitalisierung“ klar hervorgebracht?

Ja, sicherlich. Wie gesagt, es gibt datenschutzrechtliche Probleme, es gibt arbeitsschutzrechtliche Bedenken, es gibt tausend Dinge, die man regeln muss. Ich habe dann zuerst die Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit ausgehebelt. Keine Nachweise mehr, ob jemand acht Stunden am Tag arbeitet. Vieles musste einfach gemacht werden. Wir waren bei dem Thema Digitalisierung gerade dabei, hatten im Vorfeld der Krise schon eine Projektgruppe aufgestellt mit jungen Leuten. Wir wollten in ein paar Jahren das papierlose Büro haben, alle Workflows hatten wir durch, wir wollten alles digital darstellen und dabei auch die Prozesse optimieren. Wir haben zum Thema Homeoffice jetzt eine Dienstvereinbarung mit dem Personalrat, wie wir Homeoffice auf Dauer etablieren. Wir werden jetzt einen Medienraum einrichten, wo Mitarbeiter per Videokonferenz zugeschaltet werden können. Diese Punkte müssen wir nur noch datenschutzrechtlich absichern, was im öffentlichen Dienst etwas schwieriger ist.

Behörden wird immer wieder eine gewisse „Digitalträgheit“ vorgeworfen. Wie sehen Sie das für Elmshorn?

Gibt es bei uns nicht. All die jüngeren Kollegen treiben die älteren an. Wir haben immer schon gesagt, wir können nicht bis zum Neubau des neuen Rathauses warten. Elmshorn hat immer den Anspruch, einen guten Mittelfeldplatz beim Fortschritt der Kommunen zu belegen. Deshalb auch bei der Projektgruppe nur junge Leute, denn die müssen sich ihre zukünftigen Arbeitsplätze selbst gestalten. Wir versuchen mit der Digitalisierung den Arbeitsablauf zu verbessern. Das funktioniert gut, die haben richtig Power. Und alle ziehen mit.

Eine Studie stellt fest, dass sieben von zehn Behörden ihre IT-Stellen nicht besetzen können. Haben Sie hier in Elmshorn auch dieses Problem?

Wir haben zum Glück alle Stellen besetzen können. Auch gerade bei „IT an Schulen“, wo wir noch einmal vier IT-Spezialisten einstellen konnten. Das Feld heißt jetzt „Arbeitgebermarke“ bei uns in Elmshorn. Wir haben eine Medienagentur und Mitarbeiter, die das kreieren. Wir wollen zeigen, dass eine Verwaltung ein modernes Dienstleistungsunternehmen ist. Darüber gelingt es uns fast immer, Ausnahme ist der Tief- und Straßenbau, die Stellen zu besetzen. Mit einer schnöden Stellenanzeige klappt das nicht mehr.

Welche Rolle spielt das Thema Homeoffice in den weiteren Planungen?

Wir mussten in der Krise Mut haben, moderne Arbeitsformen auszuprobieren, mit Erfolg. Es ist für uns eine Chance, jetzt und in Zukunft, engagierte Mitarbeiter zu bekommen. Denn bei den jüngeren Leuten ist flexibles Arbeiten elementar wichtig. Wir brauchen auch unsere Führungskräfte als Markenbotschafter. Wir sind beim Thema „Digitalisierung“ auf einem guten Weg.

Vielen Dank für das Interview.

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