So gut für viele Arbeitnehmer die Arbeit im Homeoffice auch ist, der Flirtfaktor geht natürlich gegen null. Vor allem die Büroaffäre steht vor dem Aus. Das zumindest, findet Paarberater und Buchautor Christian Thiel, sei eine super Sache. Wir sprachen mit ihm.
GENERATION Homeoffice: Herr Thiel, gerade für Singles ist es doch in Zeiten von Homeoffice schwer, weil sie auf persönlichen Kontakt zu Kollegen verzichten müssen. Wo sollen sie denn jetzt einen Partner finden?
Christian Thiel: Das ist überhaupt nicht so, dass Menschen ihren Partner im Büro kennenlernen. Nur Anfänger und Praktikanten suchen auf der Arbeit nach einem Partner. Im Bereich der Studierten spielt der Arbeitsplatz sogar fast gar keine Rolle mehr. Das Risiko ist viel zu hoch. Anders sieht es bei betrieblichen Fortbildungen aus. Das funktioniert.
Was meinen Sie damit, dass das Risiko zu hoch ist?
Wenn der Partner dann nicht passt, steht auch der Job auf dem Spiel. Ich würde es daher niemandem raten. Noch schlimmer ist es, wenn man am Arbeitsplatz eine Affäre anfängt. Denn das Leid ist einfach zu groß. Zehn bis 20 Prozent meiner Arbeit bestehen darin, die Folgen von Untreue zu reparieren.
Wieso passiert es trotzdem so häufig?
Die meisten Menschen stürzen Stück für Stück in eine Affäre. Sie entsteht aus dem Gefühl der Vernachlässigung heraus. Dann gibt es diese Vertrautheit am Arbeitsplatz - man denkt, da ist jemand, der einen versteht. Dann kommen vielleicht noch Dienstreisen dazu. Das ist ein langer Prozess. Die Büroaffäre stirbt mit dem Homeoffice gerade aus – das finde ich großartig. Denn die meisten Affären scheitern ohnehin. Die Erfolgsquote liegt bei drei Prozent. Es schadet auch dem, der untreu ist. Er verliert am Ende meist beides – den Partner und den Geliebten. Das haben die Menschen aber nicht im Blick, wenn sie fremdgehen. Als Single- und Paarberater sehe ich aber in der Praxis, welche Folgen das haben kann. Daher bin ich ein großer Verfechter von Treue.
Warum setzen Menschen ihre Partnerschaft aufs Spiel?
Untreue ist ja nicht unverständlich. Aber sie zeigt auch immer, dass es eine Krise in der bestehenden Partnerschaft gibt. Der Hauptgrund für Unzufriedenheit in der Partnerschaft ist doch, wenn unsere Wünsche und Bedürfnisse nicht genug erfüllt werden. Wenn ich mich zu jemand anderem hingezogen fühle, ist das aber noch kein Problem. Nur sobald eine Handlung in diese Richtung passiert, sollte ich mich fragen, warum. Und mit meinem Partner sprechen. Denn dann ist die Krise schon da.
Und dann geht es zur Paarberatung?
Wenn die Paare zu mir kommen, ist es oft schon zu spät. Viele warten sechs oder sieben Jahre bevor sie eine Beratung machen. Da ist es natürlich schwierig noch etwas zu retten.
Sie sind ja auch Singleberater – wer kommt da zu Ihnen?
Singleberater braucht man nur, wenn man bei der Partnersuche immer wieder in eine Sackgasse kommt. Das gilt es zu verhindern, denn es frustriert ungemein. Ich helfe den Menschen zu verstehen, was sie da eigentlich machen. Dabei geht es sehr viel um Kindheitsmuster. Beispielsweise wird es jemand, der als Kind schon immer sehr angepasst war, in einer Beziehung schwer haben, eigene Bedürfnisse zu äußern.
Und was raten Sie Menschen auf Partnersuche, gerade in diesen Zeiten?
Geht ins Internet. Was ist denn dabei? Das Internet ist ein ganz wundervoller Ort zum Kennenlernen. Hier gibt es nun einmal die höchste Single-Dichte.
Was ist denn mit dem klassischen Offline-Dating?
Offline ist das Ergebnis zu schlecht. Das liegt am Alkohol. Zwei, drei Cocktails und dann landet man in der Kiste. Gefühlsleben braucht aber Zeit.
Was sollte man bei der Online-Partnersuche beachten?
Der Schlüssel zum Erfolg ist ein richtig, richtig gutes Profil. Da sollte drinstehen, wie der Lieblingsurlaub aussieht oder wer der Lieblingsdichter ist und so weiter. Viele Profile sind einfach viel zu dürftig. Schließlich möchte man ja nicht 100 Dates. Man sollte eine Vorauswahl treffen und schauen, wo es Gemeinsamkeiten gibt. Am besten sind Portale, die nicht gleich Fotos freischalten. Denn die Frage, ob er oder sie erotisch oder begehrenswert ist, sollte nicht an erster Stelle stehen.
Suchen in Zeiten von Corona mehr Menschen Ihren Rat?
Viele Menschen sind verunsichert und fragen, ob man derzeit überhaupt noch Daten darf. Ich versuche ihnen die Unsicherheit zu nehmen. Natürlich dürfen sie jemanden kennenlernen und sich dann auch näherkommen. Das war auch zu Zeiten des Lockdowns erlaubt. Mir kann ja auch keiner verbieten, meine Frau zu küssen.
Viele Online-Dating-Portale bieten angesichts der Corona-Krise Videochats an.
Zu meinem Leidwesen. Zwei Menschen müssen sich persönlich begegnen, um festzustellen, ob sie zueinander passen. Bei der Online-Partnersuche sollte man aber nicht auf Schnelligkeit setzen. Fünf, sechs Dates sollte man sich schon Zeit lassen bis man sich näherkommt. Das Wichtigste ist, im Gespräch wirklich etwas über den anderen zu erfahren. Wie er aufgewachsen ist oder was seine Pläne sind. Aber dafür braucht es neugierige Nachfragen. Das müssen viele Menschen allerdings erst lernen.
Wird Corona die Partnersuche verändern?
Menschen sind schon immer Partnerschaften eingegangen und werden immer Partnerschaften eingehen. Corona wird sich meiner Meinung nach auch nicht in der Statistik von Geburten oder Scheidungen niederschlagen. Was ich gut finde, ist dass mancher Single während des Lockdowns gemerkt hat, wie sehr ihm eine feste Partnerschaft fehlt. Krisen führen immer dazu, dass Menschen sich fragen, was wichtig ist im Leben. Und viele Singles sagen sich, jetzt bin ich‘s aber leid, jetzt muss was passieren.
Vielen Dank für das Interview.
Christian Thiel ist Partnerschaftsberater und Autor verschiedener Sachbücher, darunter die Bestseller „Warum Frauen immer Sex wollen und Männer immer Kopfschmerzen haben“ oder „Was glückliche Paare richtig machen“. Zudem bloggt er auf Herzenssache365.de. Thiel lebt mit seiner Familie in Berlin. Wer erfahren möchte, wie seiner Meinung nach die Partnersuche gelingt, kann sein kostenloses E-Book „Herzenssache“ herunterladen.