Machen wir uns doch nichts vor. Wer nicht mit einer extragroßen Portion Selbstdisziplin und strikter Fokussierung ausgestattet ist, der kommt im Homeoffice regelmäßig ins Schwimmen. Wie sollte es auch anders sein? Ablenkungen lauern an jeder Ecke des Arbeitszimmers - wenn denn überhaupt eines zur Verfügung steht und man nicht mit seinem Laptop auf der Couch oder am Küchentisch sitzen muss.
Ich bin Freelancer, das Thema Homeoffice war mir also schon immer ein Begriff und gehörte zum täglichen Broterwerb einfach dazu. Aber immer nur als Teil des Ganzen. Dann war das für mich auch überhaupt kein Problem. Einmal, vielleicht auch zweimal in der Woche aus dem heimischen Arbeitszimmer, welches ich mir mit meiner Frau teile, zu arbeiten, das hatte immer mehr Vor- als Nachteile. Ich hatte meine Familie (Frau und Sohn) öfter und länger gesehen, musste nicht aufstehen, mich anziehen, anfangen zu arbeiten. Und das Beste: Ich musste mich nicht durch den Stadtverkehr quälen.
Ein schwebendes Damoklesschwert
Jetzt bin ich seit gut sechs Wochen zuhause wegen dieser Corona-Krise. Und bei mir wird der Titel dieses Artikels zum über mir schwebenden Damoklesschwert: Hilfe, ich komme zu nichts! Das passiert nicht täglich, aber regelmäßig. Ich schreibe Texte, beruflich, das kann ich im Büro machen, im Homeoffice, auf der Toilette, im Zug oder in einer Hängematte irgendwo an einem wunderschönen Sandstrand. Das ist die schöne Seite der Medaille. Aufs Homeoffice runtergebrochen verbergen sich hier aber jede Menge kleine und mittelgroße Fallen - und ich tappe immer wieder hinein.
Warum? Ich bin Prokrastinierer, ein „Aufschieber“. Ich brauche Deadlines, klare Ansagen, ansonsten kann Arbeit bei mir auch mal aus dem Ruder laufen. Ablenkungen aller Art tun mir dabei alles andere als gut. Sei es die private Mail, die da reinflattert, das zweite Browserfenster, in dem noch schnell ein kleines YouTube-Video läuft. Nur eins, klar, ich habe ja zu tun. Oh, dieses Video sieht aber auch interessant aus. Ha, wie passend, da kommt ja noch sowas Ähnliches… Ihr versteht, was ich meine. Es ist ein Teufelskreis, der sich in meinem ganz persönlichen Fall immer enger um mich zieht.
Die lange Bank ist ein gemütliches Plätzchen
Denn da ist ja auch noch die Familie. Mein Sohn ist drei, quicklebendig, neugierig, laut, anstrengend, liebenswürdig - das volle Programm von 1 bis 10. Meine Frau ist Lehrerin und zurzeit zuhause. Jetzt könnte man meinen, alles super, kann sie sich doch den ganzen Tag um den Nachwuchs kümmern. Jein, denn sie ist schwanger, mit Zwillingen. Und da muss ich dann meinen eh schon komplizierten Arbeitstag in drei Teile teilen, um ihr die nötigen Ruhepausen zu verschaffen. Aus bekannten Gründen ist ja in Sachen Betreuung durch Kita und Großeltern momentan nicht viel zu holen.
Heißt im Umkehrschluss: Ein Arbeitstag, der sowieso schon nur rudimentär zu strukturieren ist - denn die lange Bank ist wahrlich ein gemütliches Plätzchen - wird auch noch unübersichtlich. Kaum einen klaren Gedanken gefasst, wird der Hebel von Arbeit auf Privat umgelegt. Drei Mal am Tag! Was tue ich dagegen? Ich setze mich selbst so gut es eben geht unter Druck. Kleine Deadlines, um meinen Arbeitsalltag halbwegs zu organisieren.
Mein Freund im Homeoffice: Mr. Flipchart
Zum Glück weiß ich ja, welche Texte bis wann fertig sein müssen. Was mir dabei so ein bisschen hilft, ist mein Freund Mr. Flipchart. Das Ding hatte ich vor drei Jahren mal gekauft, als ich dachte, jetzt werde ich so ein echter Businesstyp. Seitdem stand es leicht staubig in irgendeiner Ecke. Aber jetzt macht es plötzlich Sinn. Ich schreibe sogar was drauf, welcher Text für welchen Kunden an welchem Tag der Woche. Und siehe da: Es hilft!
Nein, es ist nicht die Lösung für alle meine Probleme. Aber so grob einen Überblick zu haben, was man schon gemacht hat und was noch zu machen ist, gibt mir ein gutes Gefühl. A propos gutes Gefühl, kennt ihr eigentlich schon dieses Video, bei dem… oh, ich schweife ab.