Klar, das Wohnen in den Städten ist in der Regel um einiges teurer als am Stadtrand oder in den umliegenden Regionen. Denn das zentrale Leben hat eben seinen Preis. Gerade in Metropolen wie Frankfurt, Berlin, München, Hamburg oder Köln. Und dies liegt nicht nur daran, dass man in der City fußläufig das kulturelle Angebot wie Restaurants, Kinos bis hin zu Theatern nutzen kann. Auch kurze Wege zum Shoppen stehen natürlich ganz oben auf der Liste der Vorteile.
Und nicht zu unterschätzen: Gerade in den Großstädten sind eben bekanntermaßen auch viele Arbeitgeber ansässig. Und wer wünscht sich nicht einen möglichst kurzen Weg ins Büro? Also hieß es für viele Arbeitnehmer, die möglichst wenig Zeit mit pendeln im Berufsverkehr verbringen wollen, bislang: In den sauren Apfel beißen, mehr Miete oder eine höhere Rate zahlen und eben mitten in die teure City ziehen.
Wandel setzt ein
Doch mittlerweile befindet sich diese Situation im Wandel. Der Grund ist ebenso simpel wie nachvollziehbar: Im Zuge der Corona-Pandemie erfreut sich das Homeoffice - zunächst gezwungen, mittlerweile vielerorts aus Überzeugung - sowohl bei Arbeitnehmern als auch bei Arbeitgebern immer größerer Beliebtheit. Und wer mehr oder womöglich sogar ganz in den heimischen vier Wänden arbeiten kann und nicht mehr täglich ins Büro muss, dem kann die Entfernung von seinem Zuhause bis zum Büro schlichtweg egal sein.
Folgerichtig hat sich der Trend mittlerweile umgekehrt: Viele Menschen ziehen aus den Zentren vermehrt an den Stadtrand oder in kleinere Nachbarstädte, in denen das Wohnen schlichtweg deutlich günstiger ist. Sprich: Mehr Wohnraum für das gleiche Geld oder ähnlich großen Wohnraum für wesentlich weniger Geld. Hinzu kommen geringere oder gar nicht mehr vorhandene Anfahrtskosten.
Studie bestätigt Folgen
Unter anderem zu diesen Ergebnissen kommt auch die neue Studie vom Immobiliendienstleister JLL "Veränderte Arbeitsmarktwelt". Eine langfristige Zunahme von Remote-Working hätte Folgen für die Wohnungsnachfrage in Deutschland. In Wohnungsmärkten mit hohem Preisgefälle zwischen Stadt und Umland könnte sich die Nachfrage vermehrt in umliegende Areale ausdehnen.
„Die konjunkturellen Effekte durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie und deren globale Folgen wirken sich auch direkt auf die Wohnungsnachfrage in Deutschland aus“, so Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.
Diese Effekte wären insbesondere dann stark ausgeprägt, wenn sich die im Zuge der Pandemie gestiegene Bedeutung von separaten Zimmern oder privaten Büroräumen, eigenen Außen- und Grünflächen sowie der Wunsch nach mehr Wohnfläche auch langfristig in der Wohnungsnachfrage widerspiegelt. Eine weitere Voraussetzung dürfte sein, dass die Verkehrsanbindung zwischen Stadt und Umland ausreichend gut ist, um die Pendelzeiten nicht zu lang werden zu lassen.
Während die unmittelbaren und branchen-spezifischen Effekte auf Beschäftigung und Neueinstellungen sich vor allem auf die Attraktivität der regionalen Arbeitsmärkte und damit auf die Binnenwanderung auswirken, erhöhen strukturelle Veränderungen der Arbeitswelt - mit mehr Home Office - die Bedeutung der nachgefragten Wohnqualität und weichen die Notwendigkeit des zentralen Wohnens teilweise auf.
Lange Pendelzeiten akzeptiert
Durch eine vermehrte Inanspruchnahme von Home-Office wird auch die Qualität der nachgefragten Wohnungen immer wichtiger. Dies könnte nicht nur bewirken, dass die qualitative Nachfrage zunimmt, d.h. es werden größere Wohnungen, Wohnungen mit mehr Zimmern, mit Balkon oder Zugang zu Grünflächen nachgefragt. Bei weniger Fahrten zur Arbeitsstätte dürften auch längere Pendelzeiten akzeptiert werden. Damit wird das mögliche Einzugsgebiet um einen lokalen Arbeitsmarkt vergrößert. „Während die Ausweitung des Einzugsgebiets eine direkte Auswirkung der vermehrten Inanspruchnahme von Home-Office ist, hat der teilweise Lock-Down im Zuge der Covid-19-Pandemie indirekt auch zu einem stärkeren Bewusstsein für die Wohnqualität und dabei insbesondere für bestimmte architektonische Wohnungsmerkmale geführt“, so Dr. Konstantin Kortmann, Head of Residential Investment JLL Germany.
Frankfurt als Beispiel
Exemplarisch für das enorme Einsparpotenzial ist Frankfurt, die größte Pendlerstadt in Deutschland. Hier zahlt man für eine 100-Quadratmeter-Wohnung durchschnittlich 550.000 Euro. Im benachbarten Hanau, das nicht mal 30 Minuten entfernt ist, liegt der Preis für die gleiche Wohnung bei lediglich 280.000 Euro. In anderen Ballungsräumen ist es deutschlandweit ähnlich. Dies ist auch bei Mieten der Fall. Und gerade dort, wo die Preise für Immobilien zuletzt besonders stark gestiegen sind, machen die neuen Homeoffice-Möglichkeiten logischerweise einen Umzug ins Umland am attraktivsten. Auch die niedrigen Bauzinsen spielen dabei eine wichtige Rolle.
Homeoffice-Jobs gesucht
Nicht umsonst steigt die Nachfrage nach Homeoffice-Jobs weiter. So vermeldete die Business-Plattform LinkedIn zwischen März und Juni dieses Jahres mehr als doppelt so viele Aufrufe von Stellenanzeigen, in denen Homeoffice angeboten wird. Passend dazu ist auch das grundsätzliche Potenzial hierzulande groß. So zeigte eine von Randstad Deutschland in Auftrag gegebene Untersuchung des Ifo-Instituts im zweiten Quartal dieses Jahres, dass mittlerweile rund 61 Prozent der Mitarbeiter zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiten können. Dies gaben rund 800 befragten deutschen Personalleiter an. Vor der Corona-Pandemie waren es noch 39 Prozent der Mitarbeiter gewesen. Die Möglichkeiten, ihren Mitarbeitern Arbeit von zuhause aus anzubieten, hätten nach der Umfrage sogar satte 80 Prozent der Unternehmen.