Wir leben im 21. Jahrhundert. Die Digitalisierung ist zwar noch lange nicht überall angekommen, aber zumindest in aller Munde. Und trotzdem befinden wir uns noch immer im letzten Jahrtausend. Zumindest was die Organisation der Arbeit angeht. Zwar gilt in Büros weitgehend Gleitzeit. Aber Homeoffice oder flexible Arbeitszeitmodelle sind die Ausnahme, nicht die Regel. Jetzt, wo Corona die Akzeptanz des Homeoffice in schwindelerregende Höhen katapultiert hat, sollten wir noch ein paar Schritte weitergehen und die Arbeit an die Bedürfnisse - oder sogar Träume - der Menschen anpassen.
In den vergangenen Jahren ist hier schon Einiges passiert: Überall auf der Welt kann man sich mittlerweile mit seinem Laptop in einen Co-Working-Space einmieten und von dort arbeiten. War es früher coolen Surflehrern vorbehalten die Welt zu bereisen und gleichzeitig zu arbeiten, sind es heute die Nerds, die als Jugendliche ihre Zimmer kaum verlassen haben, aber jetzt um den Globus jetten und für ein Einkommen lediglich eine schnelle Internetverbindung brauchen.
Nicht jeder will ständig auf Achse sein
Natürlich funktioniert das nicht für jeden und nicht jeder will ständig unterwegs sein. Aber warum nicht ein Recht auf ein paar flexible Arbeitswochen festschreiben? Zeit, die entweder von zuhause gearbeitet werden kann oder auch von jedem anderen Ort in der Welt.
In den Co-Working-Büros, die ich gesehen habe, saßen Menschen ganz unterschiedlicher Nationalitäten zusammen. Es wird konzentriert gearbeitet, aber beim Kaffee holen kommt man ins Gespräch, erzählt aus seinem Leben und von seinen Projekten. Man erfährt von Arbeitsgesetzen in Polen oder Problemen mit dem Internet in Frankreich. Manchmal trifft man Leute aus derselben Branche, mit denen man Photoshop-Probleme lösen kann. Und manchmal entstehen Freundschaften oder Job-Allianzen.
Arbeits-Auszeit für frische Motivation
Das kann man zwar nicht direkt als Weiterbildung verbuchen, aber es kommt dem Ideal des lebenslangen Lernens sehr nah. Und dafür müsste man nicht unbedingt Haus und Hof in Deutschland aufgeben, um fortan als digitaler Nomade mit dem T4 durch die Welt zu ziehen - wenn die Arbeitswelt flexibler wäre und solche Arbeits-Abwesenheiten erlauben würde. Im Gegenzug kommt der Mitarbeitende ja voller neuer Eindrücke und meist auch mit neuer Energie und Motivation zurück.
Natürlich kann man sagen, dass es auch noch Urlaub gibt – und davon in Deutschland sogar jede Menge. Aber der Urlaub ist zur Erholung da, Akkus aufladen – und bloß nicht zu viel an die Arbeit denken. Die Möglichkeit der Remote-Arbeit für einige Wochen im Jahr ist etwas anderes. Wer in einem fremden Land arbeitet,bekommt ganz andere Eindrücke als ein Tourist.
Österreich als Vorbild
Darum träumen doch so viele Menschen von längeren Auslandsaufenthalten. Und setzen ihre Träume oft nicht um, weil die sich nicht mit ihrem Job vereinbaren lassen. Anders ist das in Österreich. Da haben Arbeitnehmer das Recht auf sogenannte Bildungskarenz. Über einen Zeitraum von vier Jahren können sie sich – entweder in Teilen oder am Stück – bis zu zwölf Monate von der Arbeit freistellen lassen. In dieser Zeit können sie sich zuhause oder im Ausland weiterbilden. Der Staat zahlt ein Weiterbildungsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes. Und eine Jobgarantie gibt es auch noch.
Die Ausweitung der Kurzarbeit gegen Weiterbildung, wie sie gerade im Gespräch ist, ist ein Schritt in diese Richtung, auch wenn sie natürlich aus ganz anderen Gründen erfolgt. Dennoch bleibt zu hoffen, dass auf diesen noch weitere Schritte folgen und neue, flexible Arbeitsmodelle entstehen. Modelle, die sich den Bedürfnissen der Menschen anpassen. Und aus Träumen reale und moderne Arbeitswelten entstehen lassen.