In vielen Büros hierzulande herrscht derzeit gespenstische Leere – und auch wenn die Homeoffice-Pflicht, die mit der Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die am 27. Januar 2021 in Kraft trat, zunächst bis zum 15. März 2021 befristet ist, und auch wenn „Corona“ – wie wir alle hoffen – einmal überstanden sein wird, ist der Wandel hin zu einer digitalen präsenzlosen Arbeitswelt wohl nicht mehr aufzuhalten. Doch was Merkel, Heil & Co so einfach verordnen, ist in der Realität oft nicht so leicht umsetzbar, und schon gar nicht sofort. Viele Arbeitgeber stehen vor großen Herausforderungen.
Zeit und Geld
Mehr Homeoffice bedeutet eine tiefgreifende Veränderung unserer Arbeitswelt. Was den Betrieben abverlangt wird, braucht Vorbereitung und Investitionen: in entsprechende Technologien und Ausstattung, in Schulungen für Mitarbeiter, aber auch in neues Personal, das mit den neuen Themen und Techniken umgehen kann. Um diesen Strukturwandel leisten zu können, brauchen Unternehmer daher klare und verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen.
Sinnlose Leere
Wenn künftig immer weniger Menschen gleichzeitig am Arbeitsplatz sind, werden große Büroflächen mit Präsenzarbeitsplätzen überflüssig. Viele Unternehmen könnten zwar auf der einen Seite künftig bei Raumkosten erheblich einsparen, auf der anderen Seite müssen die für das digitale präsenzlose Büro nötigen Strukturen erst geschaffen oder ausgebaut, die betrieblichen Abläufe neu gedacht werden. Das beginnt schon mit der Frage, wer den Briefkasten leert oder die Blumen gießt.
Theorie und Praxis
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber einen Büroarbeitsplatz stellen und auch darauf achten, dass die arbeitsrechtlichen Vorgaben zum Arbeitsschutz, zur Arbeitszeit und zum Datenschutz eingehalten werden. In der Praxis ist dies allerdings oft nur schwer umsetzbar. Für das Büro zu Hause braucht es mehr als einen Laptop – angefangen bei der nötigen Internetqualität, die hierzulande oft zu wünschen übriglässt, auf die aber der Arbeitgeber keinen Einfluss hat. Oft ist noch zusätzliches Equipment nötig wie Webkameras, Mikrofone oder Kopfhörer – und natürlich die Software. Wer soll das beschaffen und bezahlen? Gerade kleine Betriebe dürfte der Kosten- und Organisationsaufwand vor große Probleme stellen.
Und wie steht es mit der Ergonomie am Homeoffice-Arbeitsplatz? Ist der Arbeitgeber auch für den kippsicheren Stuhl und die richtige Tischhöhe verantwortlich? Prinzipiell schon, die Bestimmungen zum Gesundheits- und Arbeitsschutz gelten auch im Homeoffice. Der Arbeitgeber ist auch für die Datensicherheit verantwortlich und hat zu gewährleisten, dass vertrauliche Daten vor dem unbefugten Zugriff Dritter geschützt sind, selbst vor dem der eigenen Familienmitglieder. Da es für Arbeitgeber kaum möglich ist, die Einhaltung dieser Regelungen lückenlos zu kontrollieren, können und sollten Vereinbarungen zur Arbeitszeit und -sicherheit sowie zum Datenschutz vertraglich mit den Mitarbeitern festgelegt werden.
Mangelnde Kenntnisse treffen auf neue Unternehmenskultur
Homeoffice kann nur funktionieren, wenn die Mitarbeiter über die nötigen Technologie- und Softwarekenntnisse verfügen. Doch nicht jeder kennt sich mit „Zoom“, „Teams“ oder dem restlichen Dutzend Videokonferenzprogrammen oder -Apps aus. Nicht jeder weiß, wozu welche Software oder App sinnvoll eingesetzt werden kann, und ist auch in der Lage, damit umzugehen. Wer ist dafür verantwortlich, dass Mitarbeiter sich die nötigen Kenntnisse aneignen? Müssen Arbeitgeber Schulungen für Mitarbeiter anbieten? Und wer soll diese bezahlen?
Online-Kommunikation läuft anders als die persönliche Kommunikation im Büroalltag. Homeoffice erfordert bessere Abstimmung und neue Arbeitssystematiken. Dazu gehören etwa Community- und Netzwerkstrukturen, aber auch eine genaue Dokumentation, die wiederum Mitarbeiter erfordert, die dokumentieren können, inklusive exakter Prozesskenntnisse. Ein so tiefgreifender Lernprozess für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer geschieht nicht von heute auf morgen.